Numerus Exploratorum Germanicianorum Divitiensium
Der Numerus Exploratorum Germanicianorum Divitiensium (oder Divitiensis) [Alexandrianorum] [Antoninianorum] [Gordianorum] (deutsch Numerus der Kundschafter aus der Provinz Germania in Divitia [der Alexandrianische] [der Antoninianische] [der Gordianische]) war eine römische Auxiliareinheit. Sie ist durch Inschriften belegt. Nur in der Inschrift (CIL 13, 7751) wird die Bezeichnung Numerus Exploratorum Germanicianorum Divitiensium verwendet, in allen anderen Inschriften wird die Einheit als Numerus Divitiensium (bzw. Divitiensis) oder Numerus Exploratorum Divitiensium bezeichnet.
Die Sollstärke des Numerus lag vermutlich bei rund 500 Mann, möglicherweise aber sogar bei 1000 Mann.[A 1] Aufgrund der Mannschaftsstärke und den Einsätzen außerhalb der eigentlichen Stationierungsprovinz wird angenommen, dass es sich bei der Einheit vermutlich um eine mobile Elitetruppe handelte.[1][2][A 2]
Namensbestandteile
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Exploratorum: der Kundschafter oder Späher.
- Germanicianorum: aus der Provinz Germania. Die Soldaten des Numerus wurden bei Aufstellung der Einheit aus Truppenteilen abgeordnet, die in der Provinz Germania stationiert waren.
- Divitiensium oder Divitiensis: in Divitia. Der Zusatz bezieht sich vermutlich auf einen der Standorte der Einheit; wahrscheinlich handelt es sich bei dem namensgebenden Standort um das Kastell Niederbieber.[A 3]
- Alexandrianorum: der Alexandrianische. Eine Ehrenbezeichnung, die sich auf Severus Alexander (222–235) bezieht. Der Zusatz kommt in der Inschrift (CIL 13, 7751) an einer nachträglich ausgemeisselten Stelle vor.
- Antoninianorum: der Antoninianische. Eine Ehrenbezeichnung, die sich auf Caracalla (211–217) oder auf Elagabal (218–222) bezieht. Der Zusatz kommt in der Inschrift (CIL 13, 7054) vor.
- Gordianorum: der Gordianische. Eine Ehrenbezeichnung, die sich auf Gordian III. (238–244) bezieht. Der Zusatz kommt in den Inschriften (CIL 13, 11828, CIL 13, 11979) vor.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Numerus entstand vermutlich aus einer Vexillatio Germanicianorum. Diese Vexillation wurde aus Soldaten von Einheiten zusammengestellt, die in der Provinz Germania stationiert waren und die an den Dakerkriegen Trajans (98–117) teilnehmen sollten. Danach war die Einheit während des 2. Jh. n. Chr. in der Provinz Dacia stationiert, wo sie als Numerus Germanicianorum durch Inschriften belegt ist.[1][A 4]
Vermutlich unter Septimius Severus (193–211) wurde die Einheit in die Provinz Germania superior verlegt, wo sie als Numerus Exploratorum Divitiensium um 211/222 erstmals nachgewiesen ist.[A 4] Durch Inschriften ist die Einheit von 221 bis 238/244 im Kastell Niederbieber belegt.[1] Als das Kastell um 259/260 zerstört wurde, hielt sich der Numerus aber vermutlich nicht mehr dort auf.[1][2]
Aus Inschriften geht hervor, dass die Einheit im 3. Jhd. an Feldzügen in der Provinz Mauretania Caesariensis sowie im Osten des römischen Reiches eingesetzt war.[1] Eine Vexillation des Numerus nahm möglicherweise um 236 an dem Feldzug des Maximinus Thrax gegen Sarmaten und Daker im Donauraum teil.[2]
Letztmals ist die Einheit dann um 365 in Gallien nachgewiesen.[1]
Standorte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Standorte des Numerus in Germania superior waren:
- Kastell Niederbieber: Mehrere Inschriften wurden hier gefunden.
Angehörige des Numerus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Folgende Angehörige des Numerus sind bekannt:[1]
Kommandeure
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sonstige
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Durch Inschriften sind zwei Präfekten als Kommandeure der Einheit nachgewiesen. Laut Marcus Reuter kann daher eine Sollstärke von rund 500 Mann angenommen werden. Für eine Personalstärke von 1000 Mann sprechen die folgenden Überlegungen: erstens geht aus der Inschrift (CIL 13, 6814) hervor, dass Titus Flavius Salvianus sein Kommando als quarta militia (siehe Tres militiae) ausübte und zweitens war das Kastell Niederbieber ungewöhnlich groß.
- ↑ Sowohl Marcus Reuter als auch Alexander Heising bezeichnen den Numerus im Zusammenhang mit der Teilnahme an Feldzügen außerhalb der Stationierungsprovinz als (mobile) Eliteeinheit. Allerdings gibt es laut Marcus Reuter keine Hinweise darauf, dass es sich um eine Kavallerieeinheit oder zumindest um eine teilberittene Einheit gehandelt hat.
- ↑ Laut Marcus Reuter nahm man früher an, dass dieser Namenszusatz vom antiken Kastell in Köln-Deutz abgeleitet worden ist. Er hält dies aus verschiedenen Gründen für unwahrscheinlich und vermutet, dass der Numerus in der Spätantike nach Köln-Deutz verlegt wurde und seinen Namen an den neuen Standort mitbrachte, der diesen Namen dann von der Einheit übernahm.
- ↑ a b Das hier angegebene Szenario folgt den Ausführungen von Marcus Reuter; es geht davon aus, dass der in Dakien nachgewiesene Numerus Germanicianorum mit dem Numerus Exploratorum Germanicianorum Divitiensium identisch ist. Laut Marcus Reuter fehlen einerseits Belege, die den Numerus Germanicianorum auch noch im 3. Jhd. in Dakien nachweisen würden. Andererseits ist der Numerus Exploratorum Germanicianorum Divitiensium erstmals in der ersten Hälfte des 3. Jhd. in Germania superior nachgewiesen. Darüber hinaus wurden unter Septimius Severus auch andere Einheiten aus Dakien abgezogen.
- ↑ Laut Marcus Reuter ist der in der Inschrift (CIL 8, 21814a) aufgeführte n(umerus) Germ(anorum) mit dem Numerus Exploratorum Germanicianorum Divitiensium identisch.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g Marcus Reuter: Studien zu den numeri des Römischen Heeres in der Mittleren Kaiserzeit, Dissertation, In: Berichte der Römisch-Germanischen Kommission 80, 1999, S. 359–569, hier S. 485–491.
- ↑ a b c Alexander Heising: Perspektiven der Limesforschung am Beispiel des Kastells Niederbieber. In: Peter Henrich (Hrsg.): Perspektiven der Limesforschung. 5. Kolloquium der Deutschen Limeskommission. Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2465-8, (= Beiträge zum Welterbe Limes, 5), S. 56–71, hier S. 60–61, 68 (Online).